Integration von Zuwander/innen: Arbeitsmarkteinstieg oft mit geringen Deutschkenntnissen möglich
Die Statistik Austria befragte in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) und dem Bundeskanzleramt (BKA) über 4.000 Zuwander/innen im erwerbsfähigen Alter aus insgesamt elf Herkunftsländern zur Arbeitsmarktintegration in Österreich. Die Befragung erfolgte im Rahmen der Migrationserhebung 2023, befasst sich mit einer Reihe von Aspekten der Arbeitsmarktbeteiligung von Zuwander/innen und untersucht Einflussfaktoren, Herausforderungen und Chancen in Bezug auf Erwerbsintegration. Ergebnisse zeigen, dass ein wesentlicher Teil der Zuwander/innen laut eigenen Angaben bereits in Österreich erwerbstätig war und mit geringen Deutschkenntnissen in den österreichischen Arbeitsmarkt einsteigen konnte. Die Studie ist in der ÖIF-Mediathek abrufbar.
Klare Mehrheit der Zuwander/innen hat bereits Erwerbserfahrung in Österreich gesammelt
Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass eine klare Mehrheit der Zuwander/innen und Flüchtlinge im erwerbsfähigen Alter laut eigenen Angaben bereits in Österreich gearbeitet hat, allerdings unterscheiden sich die Zahlen stark zwischen den Herkunftsgruppen: So liegt der Anteil der Personen mit Erwerbserfahrung unter Bosnier/innen bei 95% sowie unter Rumän/innen und Serb/innen bei je 90%. Deutlich niedriger fällt der Anteil unter Syrer/innen (63%) aus. Regional zeigt sich ein signifikanter Unterschied zwischen Wien und den anderen Bundesländern: Flüchtlinge mit Wohnort Wien weisen eine um fast 15 Prozentpunkte niedrigere Wahrscheinlichkeit auf, schon in Österreich erwerbstätig gewesen zu sein, als im restlichen Österreich. Die Dauer bis zur ersten Arbeitsaufnahme variiert stark nach Herkunftsland: Mit rund 11 Monaten beginnen Zuwander/innen aus Bosnien und Herzegowina laut eigenen Angaben durchschnittlich am raschesten zu arbeiten, am längsten dauerte es bei Syrer/innen und Afghan/innen mit einem Mittelwert von 2,3 bzw. 3,1 Jahren, wobei bei Flüchtlingen der eingeschränkte Arbeitsmarktzugang zu berücksichtigen ist, solange sich die Menschen im Asylverfahren befinden, was die Vergleichbarkeit der Werte einschränkt. Für die Erwerbsintegration in Österreich zeigt sich zudem, dass Erwerbserfahrung vor Zuzug ein wesentlicher Faktor für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration in Österreich ist: Wer bereits vor dem Zuzug nach Österreich Arbeitserfahrung gesammelt hatte, findet auch in Österreich eher eine Beschäftigung.
Aktuelle Erwerbstätigkeit unterscheidet sich stark nach Herkunftsland
Der Anteil der Zuwander/innen, die aktuell erwerbstätig sind, fällt unter Bosnier/innen (82%), Rumän/innen (73%) und Serb/innen (69%) besonders hoch aus. In Hinblick auf Personen, die auf dem Weg der Fluchtmigration nach Österreich gekommen sind, zeigt sich eine vergleichsweise deutlich niedrigere Erwerbsquote: 49% der Zuwander/innen aus der Russischen Föderation waren zum Zeitpunkt der Befragung erwerbstätig, bei Afghan/innen 46% und bei Syrer/innen 35%. Laut AMIS-Daten wiesen Syrer/innen (36%) und Afghan/innen (22%) zum Zeitpunkt der Befragung zudem die höchsten Arbeitslosenquoten auf. Gründe für die langsamere Erwerbsintegration von Flüchtlingen sind beispielsweise das Alter, das Geschlecht, der Bildungsstand und das Vorhandensein von Kindern.
Zwei Drittel der Migrant/innen mit geringen Deutschkenntnissen konnte in Österreich bereits Berufserfahrung sammeln
Die Ergebnisse der Migrationserhebung beleuchten auch den Zusammenhang zwischen Arbeitsmarkteinstieg und Deutschkenntnissen: 3 von 10 Migrant/innen ohne Deutschkenntnisse haben in Österreich bereits gearbeitet. Zwei Drittel (64%) der Migrant/innen, die laut eigenen Angaben nur über geringe Deutschkenntnisse verfügen, waren bereits erwerbstätig. Bei mittleren Deutschkenntnissen erhöht sich der Anteil auf 75%. Sieht man sich nur jene Personengruppe an, die aktuell einer Erwerbstätigkeit nachgeht, so bestätigt sich diese Tendenz: Die Hälfte der Migrant/innen mit geringen Deutschkenntnissen (48%) gibt an, aktuell berufstätig zu sein. Bei Personen ohne Deutschkenntnisse trifft dies auf 15% zu, bei Personen mit mittelmäßigen Deutschkenntnissen sind es 55%. Der österreichische Arbeitsmarkt bietet demnach gegenwärtig auch Beschäftigungsmöglichkeiten für Personen mit geringen Deutschkenntnissen, gute Deutschkenntnisse erhöhen die Chance auf Erwerbsbeteiligung.
Berufsanerkennung spielt untergeordnete Rolle
Die Anerkennung von Qualifikationen spielt für die befragten Zuwander/innen eine untergeordnete Rolle, die Mehrheit der befragten Zuwander/innen hat keine Anerkennung beantragt. Wurde eine Anerkennung beantragt, so erfolgte in 80% der Fälle eine zumindest teilweise Anerkennung. Bei der Suche nach einer Arbeitsstelle spielen persönliche Kontakte eine wichtige Rolle: Über die Hälfte derer, die Aufgrund von Arbeit oder Familie nach Österreich gezogen sind, konnten auf ein soziales Netzwerk zurückgreifen, um zu einem ersten Job zu kommen, jedoch nur jeweils ein Drittel der Flüchtlinge. Viele Nichterwerbstätige gehen davon aus, dass sie Schwierigkeiten bei der Suche nach einer passenden Arbeitsstelle haben werden. Insbesondere bei Syrer/innen und Afghan/innen ist dies unter anderem auf den niedrigeren Bildungsstand zurückzuführen, bei Ukrainer/innen hingegen auf die kurze Aufenthaltsdauer und die noch geringen Deutschkenntnisse.
Alphabetisierungsbedarf bei Flüchtlingen auch 2023 auf konstant hohem Niveau
Der Bildungsstand der Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert: Kamen in den Jahren 2015/16 mehr Menschen mit höherem Bildungsstand nach Österreich, so wiesen zwei Drittel der Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten, die 2023 in Österreich Asyl oder subsidiären Schutz erhalten haben und einen Deutschkurs nach Integrationsgesetz besucht haben, einen Alphabetisierungsbedarf auf – davon entfielen 37% auf Personen, die auch in ihrer Muttersprache nicht alphabetisiert waren, und 63% auf Zweitschriftlernende. Im Vergleich zum Jahr 2019 entspricht dies einer Steigerung um 42%; bei Männern fällt der Anstieg mit 68% besonders hoch aus. Angebote, um Flüchtlinge beim möglichst raschen Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit und finanziellen Selbstbestimmung zu unterstützen, erscheinen somit im Jahr 2023 als wesentliche Eckpfeiler der Integration in Österreich.
Viele Maßnahmen zur raschen Arbeitsmarktintegration von Zuwander/innen mit geringen Deutschkenntnissen
Um Vertriebene und Flüchtlinge bestmöglich bei ihrer raschen Integration in den österreichischen Arbeitsmarkt bereits mit geringen Deutschkenntnissen zu unterstützen, stellt der ÖIF eine Reihe an Unterstützungsangeboten zur Verfügung: Im Rahmen der ÖIF-Karriereplattformen informieren Unternehmen wie Lidl, REWE, Post AG und IKEA Teilnehmer/innen in ÖIF-Deutschkursen über Einstiegs- und Aufstiegsmöglichkeiten im Unternehmen für Personen mit geringen Deutschkenntnissen. Die ÖIF-Frauenzentren bieten Seminare und Sprechstunden mit Expert/innen rund um das Thema Berufs- und Bildungschancen in Österreich an. Zusätzlich stellt der ÖIF neben Mentoring-Programmen wie KOMPASS und Mentoring für MigrantInnen für Zuwander/innen eigene Bewerbungstrainings und CV-Checks zur Verfügung.
Ausbau der Angebote zum berufsbegleitenden Deutschlernen und zur Förderung der Berufsanerkennung
Ergänzend dazu bietet der ÖIF – neben Deutschkursen bei Kursträgern zu Randzeiten und am Wochenende – auf Sprachportal.at, der größten Online-Deutschlernplattform im deutschsprachigen Raum, kostenlos eine breite Palette an frei zugänglichen und rund um die Uhr verfügbaren Deutschlernangeboten an, um Zuwander/innen bestmöglich beim berufsbegleitenden Deutschlernen zu unterstützen. Seit Kurzem fördert das ÖIF-Integrationsservice für Fachkräfte zusätzlich Deutschkurse direkt im Unternehmen, um erwerbstätige Zuwander/innen beim berufsbegleitenden Deutschlernen zu unterstützen. Das ÖIF-Integrationsservice für Fachkräfte fördert zudem die im Rahmen der Berufsanerkennung anfallenden Kosten für Zuwander/innen mit bis zu 1.500 €.