30.01.2023, 14:33 Uhr

ÖIF-Podiumsgespräch in Innsbruck: „Perspektiven – ukrainische Vertriebene in Österreich“

Am Podium: Gerhard Mangott, Professor für Politikwissenschaft, Elisabeth Minkow, Expertin für Medienkommunikation sowie Moderator und Osteuropa-Experte Alexander Dubowy vom ÖIF

Elisabeth Minkow, Expertin für Medienkommunikation, Gerhard Mangott, Professor für Politikwissenschaft, und Moderator und Osteuropa-Experte Alexander Dubowy vom ÖIF © Ilvy Rodler

Wie schätzen Expert/innen die Lage in der Ukraine ein? Mit welchen Entwicklungen ist zu rechnen? Was sind die Perspektiven ukrainischer Vertriebener in Österreich? Diese Fragen standen im Zentrum einer vom Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) ausgerichteten Diskussionsveranstaltung am Donnerstag, dem 26. Jänner 2023, in Innsbruck. Unter dem Titel „Perspektiven – ukrainische Vertriebene in Österreich“ diskutierten Gerhard Mangott, Professor für Politikwissenschaft, und Elisabeth Minkow, Expertin für Medienkommunikation. Osteuropaexperte Alexander Dubowy vom ÖIF moderierte die Diskussion.

Szenarien des Ukrainekrieges und seine potenziellen Folgen

Russlands Invasion der Ukraine löste die größte Fluchtbewegung innerhalb Europas seit dem Zweiten Weltkrieg aus, rund 7,8 Millionen Personen haben seit Februar 2022 die Ukraine verlassen. Rund 90.000 Vertriebene aus der Ukraine haben seither in Österreich Schutz gefunden. Gerhard Mangott, Professor für internationale Beziehungen an der Universität Innsbruck mit dem Schwerpunkt auf Osteuropa und Russland, erörterte Aspekte des Kriegsverlaufs und potenzielle Entwicklungen: „Im Moment gibt es keine großen Frontverschiebungen, aber beide Seiten haben gezeigt, dass sie an Offensiven denken. Worst Case für die Ukraine ist ein Zusatzgewinn von Territorien durch Russland.“ Die westliche Politik sei „in Bezug auf die Ukraine geeint“, ein direkter Kriegseintritt der benachbarten Republik Belarus zeichne sich aktuell nicht ab.

Elisabeth Minkow, in Kiew geboren und 1994 nach Deutschland ausgewandert, verwies auf die Auswirkungen des Krieges auf die EU und Österreich im Bereich der Integrationspolitik: „Der unerwartete Krieg dauert nun schon fast ein Jahr an, derzeit ist Frieden nicht in Aussicht. Die Antwort der EU war eine geschlossene. Man hat schnell Maßnahmen gesetzt, welche die Aufnahme der Flüchtlinge betreffen.“ Als Beispiel nennt sie auch die Integration in den Arbeitsmarkt. „Viele Ukrainerinnen zeigen eine große Bereitschaft zu arbeiten.“ Umso wichtiger wäre es jetzt, die notwendigen Voraussetzungen für einen noch schnelleren Arbeitsmarkteinstieg zu schaffen.

Wiederaufbauhilfe aus dem Ausland nötig

Die Rückkehrperspektiven der vertriebenen Ukrainer/innen hängen laut Mangott vom weiteren Kriegsverlauf und etwaigen Landgewinnen Russlands ab: „Ukrainer/innen haben keine Perspektiven, wenn Städte zur Gänze zerstört wurden. Es bedarf Wiederaufbauhilfe, wirtschaftlicher und finanzieller Unterstützung aus dem Ausland. Die Rückkehrmöglichkeit für Bewohner/innen von kriegszerstörten Gebieten ist auf lange Sicht kaum gegeben.“

Unterschiede zur Flüchtlingswelle 2015/2016 deutlich ersichtlich

Zwischen der Flüchtlingsbewegung aus Syrien und Afghanistan aus den Jahren 2015 und 2016 und dem Vertriebenenzuzug im Jahr 2022 sieht Minkow wesentliche Unterschiede. Die geographische Nähe zum Krieg in der Ukraine sei ungleich größer. „Es gibt weniger kulturelle Unterschiede.“ Dies gemeinsam mit historischen Parallelen bedinge eine höhere Verbundenheit und größere Solidarität auf Seiten der europäischen Aufnahmegesellschaften. Dennoch sei die Gefahr einer sinkenden Solidaritätsbereitschaft als hoch zu bewerten. Ereignisse wie die gegenwärtigen Korruptionsskandale der Ukraine insbesondere aber die von Russland verbreiteten Fake-Narrative seien in diesem Zusammenhang wesentlich.

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